Barcamps haben Potential

Es gibt ein neues Wort BANIbrittleness, anxiety, non-linearity, incomprehensibility (Brüchigkeit, Angst, Nicht-Linearität, Unverständlichkeit) – um die Welt, wie sie gerade ist, zu beschreiben. Jamais Cascio, ein Futurist und Autor, bekannt für seine Arbeit über neue Technologien und Zukunftsszenarien, erfand diesen Begriff. In dem Artikel “Thriving in A BANI World: An Exploration Of Resilience Amid Chaos” schlägt Anna Tan das Mindset vor, mit dem wir BANI begegnen könnten. Abgesehen von der Stärkung der eigenen Resilienz meint sie, dass wir mit einer neugierigen, flexiblen Haltung, mit der Bereitschaft uns anzupassen, und mit einem Fokus auf Kollaboration gut in der BANI-Welt leben könnten. Genau auf diese Haltung stieß ich beim Barcamp Graz an der FH JOANNEUM am Samstag 27.02.2024.

Comic zum Barcamp Graz
Wegweiser zum Barcamp Graz – danke an @sozialpr@nrw.social für das Bild

Um ein Barcamp in meinen Worten zu erklären:

  • Die Teilnehmer:innen eines Barcamps sind auch die Expert:innen.
  • Jede Person kann bei der Session Planung einen Inhalt vorschlagen, denn er:sie mit anderen diskutieren möchte.
  • Im Zentrum steht der Austausch.
  • Ideen für Sessions bringt man mit oder sie entstehen spontan.

Barcamp Graz 2024

Infos zum Barcamp Graz 2024 finden sich auf dieser Website (Was ist ein Barcamp? Regeln). Wie Barcamps im Studium eingesetzt werden können, ist im good practice Beispiel zur Studierendenkonferenz beschrieben.

Menschen in der Planungssession des Barcamps
Eindruck von der Sessionplanung – danke an @heinz für das Bild

Beim Barcamp Graz gab es 11 Parallelsessions (jeweils 45 Min.) und die Entscheidung fiel schwer! Auch meine Studierenden jammern bereits bei 4 Parallelsessions, dass sie sich jeweils für ein Thema entscheiden müssen. Letztes Mal schlugen die Journalismus- und PR-Studierenden des 1. Semesters vor, das Barcamp an vier darauffolgenden Tagen abzuhalten, damit sie bei allen Sessions dabei sein können. Das würde allerdings den Rahmen meiner Lehrveranstaltung sprengen!

Barcamp-Programm – danke an @publicvoit für das Bild

Diese Auswahl traf ich, und ja, es waren wenige Sessions, die ich besuchte.

  • 10 Years of Content Strategy – where are we today? And where is the journey going to?
  • Local first – The beginning of a cloud-less era
  • Stop using Twitter / Insta / …
  • Can we differ between AI images and real images?
  • All Text – New content workflows with AI

Bei allen Sessions ging es um die Zukunft, was bereits aus den Titeln entnommen werden. Besonders relevant für eine gute Zukunft fand ich die Session zu “local first”, hier diskutierten wir Ansätze, kleine Programme wieder am lokalen Computer laufen zu lassen. (bei Interesse siehe auch: White Paper Local-First Software:You Own Your Data, in spite of the Cloud, 2019)

Wer auf weitere Session-Beschreibungen vom Barcamp Graz 2024 neugierig ist, kann im Blogbeitrag von Karl Voit schmökern.

Barcamps für Studierende

Warum meine ich nun, dass Barcamps ein Teil einer Lehrveranstaltung sein sollten? Einmal sind Barcamps bereits Teil von Lehrveranstaltungen: etwa im Studiengang Content Strategie finden seit 10 Jahren drei Barcmaps im Jahr statt, und auch in technischen Studiengängen geht es nicht ohne sie.

„Von wegen staubtrocken – Informatik ist eine spannende Angelegenheit. Mit Lehrveranstaltungen, die wie Barcamps oder Bootcamps gestaltet sind, orientieren wir uns an den Lebenswelten unserer Studierenden.” (Elmar Krainz, Studiengangleitung Mobile Software Development und Software Design & Cloud Computing – Link)

Hier noch ein Eindruck aus dem Barcamp der erstsemestrigen Journalismus- und PR-Studierenden im Wintersemester 2023/24. Meine Lehrveranstaltung hat den Namen “Social Web”, die von den Studierenden behandelten Inhalte sind brandaktuell, wie man den Titeln des Sessions entnehmen kann.

Beispiel eines Sessionplans, der von Studierenden gestaltet wurde

Fazit

Was braucht es nun um BANI gut begegnen zu können und wie wird das beim Barcamp gelernt und geübt?

  • Stärkung der eigenen Resilienz: Verantwortung für ein Thema zu übernehmen und eine Session abzuhalten ist für Studierende, insbesondere zu Studienbeginn, eine große Herausforderung. Diese bewältigen sie mit Bravour!
  • Neugierig und offen sind die Studierenden während des Barcamps, wenn sie sich auf die unterschiedlichsten Themen einlassen und beitragen.
  • Ohne eine flexible Haltung und die Bereitschaft sich anzupassen kann der Sessionplan gar nicht entstehen! Da wird verhandelt, wer mit wem welches Thema einbringt, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Raum
  • Fokus auf Kollaboration passiert einerseits bei der gemeinsamer Session-Gestaltung, andererseits bei dem Diskurs in den Sessions selbst.

Wie integriere ich ein Barcamp in meine Lehrveranstaltung ohne Vorkenntnisse?

Beim Online-Workshop “Offenes Lernen im Barcamp” am 5. Juni 2024 wird ein Mini-Barcamp durchgespielt, um die Erfahrung als Teilnehmer:in zu sammeln. Dann wird in der Runde der teilnehmenden Lehrenden diskutiert, wie ein Barcamp in der eigenen Lehrveranstaltung umgesetzt werden könnte. Daran schließt die Erarbeitung eines konkreten Plans mit all den für ein Barcamp nötigen Details an, wie Name der Lehrveranstaltung, Anzahl der Studies (etwa mehrere Jahrgänge eines Studiengangs, oder Studiengangsübergreifend, falls die Studierendenzahl klein ist), Anzahl der Sessions, Sessionlänge, Zeitdauer des Barcamps, online oder vor Ort, ….

Zur Workshop-Anmeldung: “Offenes Lernen im Barcamp” am 5. Juni 2024